Seit dem Inkrafttreten der Insolvenzordnung (InsO) zum 01. Januar 1999 ist die Zahl der Verbraucherinsolvenzen dramatisch gestiegen. Belief sich die Insolvenzanzahl im ersten Halbjahr 2000 noch auf lediglich 4500, stei-gerte sie sich nach einer Reform der Insolvenzordnung zum 01.12.2001, mit der einem Teil der Schuldner die Möglichkeit gegeben wurde, die Kosten des Insolvenzverfahrens bis zur Erteilung der Restschuldbefreiung zu stunden, bundesweit auf über 92.000 Verbraucherinsolvenzen im Jahr 2006. Allein in Niedersachsen gab es 12.574 Insolvenzen. Im Vergleich zum Vorjahr betrug der Zuwachs 34 % im Bund und 31 % in Niedersachsen. Auch im ersten Halbjahr 2007 ist die Zahl der Insolvenzen weiter stark gestiegen; insge- samt haben in 2007 bisher über 51.000 Schuldner das Verfahren in An-spruch genommen.
Das Verbraucherinsolvenzverfahren bietet überschuldeten Personen die Möglichkeit, sich von ihren Schulden und den damit einhergehenden Einschränkungen, Sorgen und der sozialen Ausgrenzung unter bestimmten Voraussetzungen befreien zu lassen. Die im Verfahren vorgesehene Rest-schuldbefreiung für Privatpersonen bedeutet, dass den Schuldnerinnen und Schuldnern ihre Verbindlichkeiten erlassen werden, wenn sie ihr pfänd-bares Vermögen und während einer 6-jährigen Wohlverhaltensphase den pfändbaren Betrag ihres Einkommens zur Tilgung ihrer Schulden abführen.
Derzeit gelten bundesweit über drei Millionen Haushalte als überschuldet. Bei den von Überschuldung betroffenen Menschen reichen die Einnahmen wie z.B. das Einkommen aus Arbeit nicht aus, neben dem Bestreiten der laufenden Lebenshaltungskosten eingegangene Zahlungsverpflichtungen aus Ratenzahlungs- oder Kreditverträgen zu erfüllen und/oder offene Rech-nungen zu begleichen. Bei vielen reichen die Einnnahmen oftmals nicht einmal aus, die laufende Miete und die Wohnungsnebenkosten (Heizung, Gas, Strom, Wasser) zu zahlen. Zugleich gilt die Überschuldung als ein hohes Hindernis bei der Wiederaufnahme von Arbeit zur Beendigung von Arbeitslosigkeit, weil viele Arbeitgeber nicht bereit sind, einen Arbeitnehmer zu beschäftigen, bei dem sie sich mit Lohnpfändungen auseinandersetzen müssen.
Nach Schätzungen kann bisher nur ein geringer Teil der Ratsuchenden (bundesweit unter 5 %) in Schuldnerberatungsstellen betreut werden. Das Angebot bleibt hinter dem Bedarf an geeigneten Schuldnerberatern weit zurück. Dadurch hat fast zwangsläufig die Zahl derjenigen zugenommen, die durch unseriöse Hilfsangebote wie dem Angebot überteuerter Kredite zur Ablösung bestehender Schulden aus der Not überschuldeter Menschen ihren persönlichen Nutzen ziehen wollen. Zudem sehen sich immer mehr karitative Einrichtungen nicht zuletzt aufgrund der restriktiven Förderung durch die öffentliche Hand gezwungen, die bisher von ihnen unterhaltene Schuldner-beratungsstelle zu schließen.
Geeignet für die Schuldnerberatung sind aufgrund ihrer Berufsausübung auch Angehörige bestimmter Berufsgruppen. Dazu gehören in erster Linie Rechtsanwälte.
Rechtsanwälte sind auch befugt, dem Schuldner die für das Insolvenzver-fahren erforderliche Bescheinigung über das Scheitern des außerge-richtlichen Einigungsversuches über die Schuldenbereinigung innerhalb der letzten sechs Monate vor dem Eröffnungsantrag (§ 305 InsO) auszu-stellen.
Über die Kosten der Beratung sollte mit dem Rechtsanwalt offen gespro-chen werden. Insbesondere für Bezieher niedriger Einkommen sowie für ALG -II-Empfänger, Auszubildende, Schüler und Studenten kommt eine Über- nahme der Kosten durch das jeweilige Bundesland im Wege der Beratungs- hilfe (BerHG) in Betracht. Der finanzielle Aufwand des beratungshilfebe- rechtigten Schuldners für die Beratung durch den Rechtsanwalt ist abgese-hen von einer Beratungshilfegebühr von 10 €, die der Rechtsanwalt dem Schuldner jedoch erlassen kann, gleich null. Auch bei einer beabsichtigten Inanspruchnahme der Beratungshilfe kann der Schuldner sich unmittelbar an den Rechtsanwalt wenden. Soweit für die Fertigung des bei Gericht einzu-reichenden Insolvenzantrages für Beratungshilfeberechtigte Kosten anfallen, kann dieses im Einzelfall vorher geklärt werden.